1 Rasierer, 7 Personen und 45 Minuten
zeroterm | 22. August 2007 | 11:00Letztens so eine gratis Zeitung aufgeschlagen, die wochentlich von einer hübschen Zeitungsausträgerin in den Schlitz unserer Tür gesteckt wird — dem sehr einfach gestallteten Briefkastenersatz, bei dem sich immer jeder bücken bzw. vom Fahrrad absteigen muss um die Post Werbung ans Ziel befördern zu können und man deshalb öfter mal genervte Gesichter sieht. Der psychologische “Ich will keine Werbung”-Aufkleber. Wirkung bleibt leider aus. Im Gegenteil: Alle heilige Zeit, also einmal im Jahr, scheint der Schlitz auch eine gern gesehene Möglichkeit sein, den Versuch zu wagen die Mauern der Hochburg von innen heraus zu sprengen.
Egal! Noch steht ja das Zentrum des Bösen. Das kann man von den Patrioten Idioten jedoch nicht ohne weiteres Behaupten…
Ok zurück zur Zeitung. Denn seit ewigen Zeiten ist doch tatsächlich mal was nützliches enthalten. Nicht etwa ein toller Artikel, aber dafür ein Coupon für einen Rassierer den ich mir scho länger mal kaufen wollte. Gillette Fusion Power stealth. Ja ich weiß, da hat doch die Werbung zugeschlagen. Der Coupon war für den Müller Markt und galt nur an zwei Tagen. Letzten Freitag und Samstag wobei ich nur am Freitag Früh hier war und so musste ich das auf dem Weg zu meinen Verwandten miterledigen.
Also erstmal voller Erwartung in den Müller am Bahnhof und gesucht. Schließlich gefunden — also den Rassierer. Die Klingen jedoch, die mit dem Angebot “-8 Euro” fest verdrahtet wurden, waren nicht auffindbar. Also erstmal nicht Gillette Fusion Power, sondern die Gillette Fusion ohne Power genommen und zu Kasse gelaufen. Wär auch zu schön gewesen, wenn das geklappt hätte. Man könne das nicht so verrechnen, weil dann kann man den Coupon nicht über die Kasse ziehen, weil die Klingen ja nicht die Richtigen sind, weil…
Meinte ich erstmal halt. Das Angebot ist ja nur für heute, und morgen bin ich net da um es einlösen zu können. Ist nicht vielleicht ein Mensch da, der das regeln könne. Dann kam Person Nummer 2. Die im Prinzip nichts neues erzählte. Aber eben alles nochmal. Ruhig bleiben. Freundlich bleiben. “Unfähiges Dilettantenpack, schaut bloß das ihr jetzt die verfluchten Klingen herbekommt, sonst nutz ich meine klingenähnlichen Fingernägel um eueren Dickdarm rauszuschneiden und euer Gehirn damit zu erwürgen” — hatte ich mir gedacht. Die Worte verwandelten sich auf dem Weg vom Gehirn zum Mund in etwas wie “Und was können wir jetzt machen?”
Über Telefon eine Dritte Person hergeholt, die echt schon anfangen wollte mir die Story vom Pferd nochmal zu erzählen. Freundlich wie ich bin, hat sie das dann auch. Natürlich waren wir danach immer noch nicht weiter. Aber egal, hab ja zeit ohne Ende. Bin ja höchsten an die Abfahrtszeiten der Züge gebunden. Die können scho mal wegen mir warten. Lösungsvorschläge waren dann entweder Reservieren für nächste Woche oder bei nem anderen Müller anrufen. Da ich aber übers wochenende dann keinen Rasierer gehabt hätte: “Ja rufen sie doch mal da an, bitte.“ Über Telefon mussten nun noch mal zwei Vermittler des anderen Marktes überwunden werden bis man die Auskunft bekam, ob es möglich ist dieses Angebot dort kaufen zu können. Mittlereweile sind über 30 Minuten und kanppe 20 andere Kunden an dieser Kasse vergangen. Dann endlich die Antwort: Ja.
Also ab in die U-Bahn, eine Station, ab in den Müller, wieder suchen, diesmal jedoch mit finden und ab zu Kasse. Den Coupon hervorgeholt, der mittlerweile ziemlich mitgenommen aussah. Bei der 7. Müller-Person könnte ich dann endlich den gewünschten Apparat in meinen Besitz übernehmen.


KategorienLebenszeichen, Völlig Abgestranged
Tagsaggression, bahnhof, gutschein, klingen, komplexes problem, müller, rassierer, real life, satire, service
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